In den letzten beiden Monaten haben wir vier Entscheidungstypen kennengelernt, heute treffen wir auf die letzten beiden – den Zerrissenen und den Bremser:
Der Zerrissene
Ähnlich dem Selbstausbeuter bezieht der Zerrissene Erfahrung und Verstand ein und hört nicht auf seine Intuition. Der Unterschied zwischen den beiden Typen ist, dass der Zerrissene seine Gefühle und Emotionen sehr wohl wahrnimmt – aber ihnen nicht vertraut. Kommen Bauch und Kopf zu einer unterschiedlichen Bewertung einer Situation, wird er ohne weitere Überprüfung der Situation auf den Kopf hören, sich dabei aber äußerst unwohl fühlen.
Maßnahmen: Da dieser Typ die Zerrissenheit als unangenehm empfindet, kann er vergleichsweise leicht davon überzeugt werden, dass er etwas ändern sollte. Bei ihm geht es darum zu lernen, dass Intuition ernst zu nehmen ist. Für ihn sieht Maja Storch dieselbe Übung wie für den Schnellentscheider I vor – allerdings geht es hier darum, dass die gesammelten Ideen für ihn eine Bestätigung der Intuition bilden. Der Nutzen liegt für diesen Typ also eher in der Feedback-Schleife, die dazu dient, den Verstand mit dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis in Einklang zu bringen.
Der Bremser
Der Bremser ist tatsächlich gar kein eigener „Entscheidungstyp“ – denn er entscheidet ausgeglichen auf Basis von Verstand, Gefühl und Erfahrung. Ich wurde nuroft in Seminaren nach ihm gefragt, weil ihn so gut wie jeder kennt. Daher habe ich ihn dazu genommen.
Ein Bremser ist eher destruktiv als konstruktiv, beispielsweise wenn er wunderbar begründen kann, warum etwas nicht funktionieren wird. Häufig fühlt er sich in seiner Rolle durchaus wohl und bringt die Elemente Verstand, Gefühl und Erfahrung sehr gut in Einklang – allerdings nicht zugunsten der Unternehmensziele, sondern seiner eigenen. Sicher hat sich auch jeder von uns schon einmal selbst in der Rolle des Bremsers erlebt. Häufig ist dabei eine Form von Widerstand im Spiel.
Maßnahmen: Erlebt man sich selbst als Bremser, empfiehlt es sich, die Gründe dafür zu erspüren. Handelt es sich um Einzelfälle, lassen sich Differenzen auch gut auf der Sachebene klären. Tritt die Situation aber häufiger auf, gibt es vermutlich grundsätzliche Differenzen bzw. tatsächlichen Widerstand. Dann hilft es, sich die Frage zu beantworten „Warum kann ich die Ziele nicht mittragen, welche Emotionen sind im Spiel?“ Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass man sich von einem jüngeren Kollegen übergangen fühlt oder ähnliches.
Nimmt ein Mitarbeiter häufig die Bremser-Rolle ein, gilt es, den Grund für den dahinter liegenden Widerstand herauszufinden. Es kann auch hilfreich sein, die Rolle des „Ja aber“ zu instrumentalisieren – denn eine kritische Stimme kann bei größeren Vorhaben ja auch dazu führen, dass sich der Rest des Teams nicht vor lauter Begeisterung in etwas verrennt. Gleichzeitig erfährt der Bremser so eine Wertschätzung, die ihn vielleicht aus dem Widerstand führt.
Nun kennen Sie alle Entscheidungsmuster und entdecken vielleicht in unterschiedliche Situationen unterschiedliche Ausprägungen an sich selbst oder auch anderen Menschen, mit denen Sie zu tun haben. Lassen Sie sich aber nicht dazu verführen, sich selbst oder andere in feste Kategorien zu sperren und zu pathologisieren. Die Verdeutlichung der Muster soll dem Wachstum dienen, nicht der Festschreibung einer Persönlichkeit…
Ihre Carola Kamuff