Im letzten Monat haben wir die beiden Auswertungssysteme beleuchtet, die wir für die Entscheidungsfindung nutzen: den Verstand und das emotionale Erfahrungsgedächtnis. Je besser es uns gelingt, beide zu verbinden, desto bessere Entscheidungen treffen wir in der zur Verfügung stehenden Zeit. Meistens befinden wir uns dabei im ersten der beiden folgenden Entscheidungsmuster:
Der Ausgeglichene
Der Ausgeglichene ist quasi der Idealfall. Er nutzt Verstand, Erfahrung und Emotion in Kombination und weiß, wie er sie am besten koordiniert. Eine gute Lösung ist für ihn eine, bei der Verstand und Emotion im Einklang sind, die sich also gut anfühlt und für die er alle erforderlichen Informationen analysiert hat. Bei einer Diskrepanz in der Beurteilung zwischen Verstand und Gefühl analysiert der Ausgeglichene, was ihm konkret Unbehagen verursacht und sucht dann so lange nach einer Lösung, bis der Einklang wieder hergestellt ist.
Daneben gibt es aber einige Muster, die nicht so vorteilhaft sind. Wir rutschen unbemerkt in sie herein, wenn wir in Stress geraten. Einige von uns sind für bestimmte Muster besonders anfällig, andere tendieren gleichermaßen zu mehreren Mustern – ich entdecke bei mir übrigens alle unterschiedlichen Muster.
Der Selbstausbeuter
Ein Mensch in diesem Verhaltensmuster neigt dazu, sein Leben der Arbeit unterzuordnen, ist leistungsorientiert und erfolgreich, kann nur schwer delegieren, sondern macht lieber alles selbst – auch wenn er Tag und Nacht arbeiten muss. Das sieht er nicht als Belastung an, sondern ganz im Gegenteil als Motivation. Dieser Typ wirkt beherrscht, monoton, beziehungslos und sehr vernünftig. Alles scheint überlegt und intellektualisiert. Er sucht und hat für alles eine logische Erklärung. Um das leisten zu können, hat er die Wahrnehmung seiner Gefühle weitgehend ausgeschaltet. Daher fehlt ihm auch der Zugang zur Intuition und damit zum emotionalen Bewertungssystem. So sammelt er häufig Fakten über Fakten, aber erkennt nicht den richtigen Zeitpunkt zum Handeln. In dieses Muster rutschen wir beispielsweise, wenn wir über einen längeren Zeitraum im Hamsterrad laufen.
Maßnahmen: Der Selbstausbeuter sollte lernen, das Bauchgefühl wahrzunehmen und die innere Wahrnehmung zu schulen, beispielsweise mit körperbetonten Hobbys wie Yoga, (freier) Tanz oder Kampfsport.
Maja Storch schlägt folgende Übung vor: Sieht sich der Selbstausbeuter beispielsweise beim Öffnen seines E-Mail-Accounts mit einer Flut von E-Mails konfrontiert, sollte er sich die Zeit nehmen und in sich hineinhören: Welches Gefühl (beispielsweise Freude, Ärger oder Angst) und welches Körpersignal (Verspannung, Bauchgrummeln oder Kloß im Hals) tritt bei welcher E-Mail spontan auf? Danach sollte er die E-Mails priorisieren, abarbeiten und auch delegieren. Durch solch eine Übung lernt der Selbstausbeuter, seine Emotionen zu spüren, auf sie zu hören und sie schließlich auch intuitiv bei seinem Handeln einzusetzen.
Haben Sie dieses Muster bei sich erkannt? Wenn ja, können Sie schon damit beginnen, Ihr Verhaltensmuster in Entscheidungssituationen zu reflektieren. Wenn nein, dann folgen im kommenden Monat zwei weitere Entscheidungstypen, vielleicht finden Sie sich dort wieder…
Ihre Carola Kamuff